Detlev von Liliencron beschreibt in diesem Ausschnitt aus
seinem Gedicht „Trutz , blanke Hans“ von 1882
den machtlosen Trotz der friesischen Inselbewohner dem Ungetüm
Meer gegenüber. 1362 wird die Insel Rungholt von den
Massen des Meeres begraben. Davon handelt das Gedicht.
Dem Meer trotzen, denn der „Blanke Hans“ ist dem
Volksmund nach das Meer.
Dem Wortsinn nach steht der Begriff für einen „nackten,
ärmlichen Menschen“; „Trutz, Blanke Hans
“ist ein Ausruf und damit als Herausforderung an das
Meer gemeint, entstanden zur Zeit des Deichbaus um 1700.
Doch wie trotzt man dem Meer wenn man von ihm abhängig
ist? Wie kommt man ohne das Meer aus, wenn es doch gerade
dies ist, welches tausende von Menschen, Ende des 1900 Jahrhunderts
Sommer für Sommer, auf die Inseln zieht?
Eine Frage die sich auch der Berliner Regierungsbaumeister
Philipp Schrimpff stellen muss und sich später selbst
die Antwort darauf gibt. Doch zunächst zu den Problemen.
Die Seebäder der friesischen Inseln sind längst
kein Geheimtipp unter wenigen reichen Deutschen mehr. Deutschland
ist wirtschaftlich erfolgreich und so nimmt die Zahl der Wohlhabenden
ebenso zu, wie die, die sich von ihrer erfolgreichen Arbeit
erholen müssen.
Und dies tut man gern in den Seebädern der nordfriesischen
Inseln.
Philipp Schrimpffs Bericht der damaligen „Reiseverbindungen
und deren Mängel“, von 1896 liest sich zu Beginn
nicht wie der Bericht eines Baumeisters, sondern eher wie
die Annonce eines Reiseveranstalters:
„Wie bekannt, sind
von den deutschen Seebädern die an der Nordsee belegenen
die heilkräftigsten, sie übertreffen die der Ostsee
beträchtlich an Kraft der Wellen, Frische der Winde und
Salzgehalt des Wassers wie der Luft.“
Nur, warum reisen dennoch so viele Menschen lieber ins entfernte
Ausland, wo doch der nahe Norden so viel mehr zu bieten hat?
Es sind die miserablen Reisebedingungen.
„Beispielsweise ist die Reise
nach dem bedeutendsten und von allen Nordseeinseln noch am
besten erreichbaren Seebade Norderney von Berlin, Hannover,
Cöln nur an einzelnen Tagen der Badesaison, von Leipzig,
Cassel, Frankfurt a. M. überhaupt nicht an einem Tage
zu machen, sie erfordert entweder eine Nachtreise in Zügen
meist ohne Schlafwagen oder die Aufwendung zweier Reisetage
und überdies oft ein mehrstündiges Stilllager an
der Küste.“
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