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Technik Wattfähre


Der Aufbau


Die Wattfähre hat eine Fläche von knapp 300 qm, einschließlich des Daches und ist zur Aufnahme von ca. 200 Personen berechnet.
Sie sieht ein wenig aus, wie ein für den Strand gedachtes Restaurant, mit seinem auf Pfählen stehenden Häuschen. Gedacht als “Führerhaus” für den Kapitän, sowie als Unterbringung für die Gäste bei schlechter Wetterlage.



Oberteil Wattfähre

Das Dach dieses Häuschens kann bei gutem Wetter als Terrasse benutzt werden und ist hierfür von einem Geländer umfasst. Selbst ein Sonnenzelt kann bei Bedarf gespannt werden und ermöglicht so einigen Luxus für die Gäste.
Der Weg dorthin führt über eine Treppe in der Nähe des Maschinenraumes.
Darunter liegt das Häuschen, welches ebenfalls von einem Geländer umrahmt ist und somit einen Rundlauf auf der Wattfähre ermöglicht.
Die Plattform auf der das Haus steht, besteht aus Holzdielen, die von Holzbalken getragen, auf dem Unterbau, dem Tragfachwerk aus Eisen liegen.



Grundriss Kabine



Der Aufbau enthält “ in der Mitte einen Maschinenraum, übrigens ausser mehreren kleineren Diensträumen, Aborten etc. zwei Salons von zusammen etwa 57 qm Grösse.”


Der Unterbau

Die ebene rechteckige Plattform auf der das Haus steht hat die Maße von 16,5 m x 13,0 Metern und wird von einem kräftigen weitmaschigen Eisenfachwerk getragen. Sie liegt ca. 5,5 m, etwa die Höhe eines Einfamilienhauses, über dem Boden.

Die Felder des räumlichen hohlen Fachwerks liegen etwa 3,5 m auseinander und bestehen aus stabilen, horizontalen und vertikalen Eisenträgern.

“Die angegebenen, auf einer überschläglichen Stabilitätsberechnung beruhenden Abmessungen der einzelnen Fachwerksglieder lassen erkennen, dass die Construction kräftig genug ist, auch einem bedeutenden Wellenschlage Stand zu halten.”


Grundriss Fachwerk und Räder

Die diagonalen Eisenstreben bestehen aus Rundeisen mit einem Durchmesser von 20 – 65 mm und Schraubverbindungen, die im Bedarfsfall nachziehbar gewesen wären.
Der Unterbau dieses Trägers liegt etwa 1,7 Meter über dem Meeresboden und war nur für tiefe Stellen im Watt und bei hohem Wasserstand gedacht.


Unterteil Wattfähre


Räder und Lenkung


Das Eisenfachwerk wird an allen vier Ecken des Unterbaus von jeweils 18 großen Rädern getragen, die, wie bei einem Lastwagen, in zwei Reihen hintereinander liegen.


Seitenansicht Räder


Jedes Rad hat einen Durchmesser von 1,5 m und eine Breite von 18 cm. Zwischen den Rädern befindet sich ein Zwischenraum von 17 cm Breite, um die Fortbewegung durch das Wasser zu erleichtern. Daraus ergibt sich eine Gesamtbreite für ein Räderwerk von ca. drei Metern.


Grundriss Räder


Damit hat sich Philipp Schrimpff am Postverkehr orientiert, der von 1746 bis 1875, bis zu einem folgenschweren Unfall, mit Pferdewagen die gleiche Strecke durch den Schlick genommen hatte, wie sein Konzept der Eisernen Wattfähre:

„Nun ist es aber eine bekannte Erscheinung, dass kleine Gegenstände in weichem Untergrund leichter einsinken als grosse, auch wenn der Druck auf die Flächeneinheit gleich ist. Bei grösseren Auflageflächen, als sie der Huf eines Pferdes bietet, kann der Druck auf die Flächeneinheit also entsprechend grösser sein, ohne dass dann ein tieferes Einsinken in den Schlickgrund zu befürchten wäre. Hieraus ist zu folgern, dass Wagen an sich mit voller Sicherheit auch auf dem Schlickwatt verkehren könnten, wenn die Auflagerfläche ihrer Räder nur gross genug gemacht würde.

Unabhängig von der Anzahl der Hufe der Pferde hatten die Wagen damals vier Räder mit einer Auflagefläche von
4 x 5,5 Zentimeter.
Schrimpffs Konzept der Wattfähre hat demgegenüber bei 200 Tonnen Gewicht 72 Räder. Genug, um nicht in den Schlick einzusinken.

Der Radaufbau ist starr, damit seitliche Verschiebungen durch Wassermassen verhindert werden. Hierfür werden die einzelnen Räder ebenfalls von über kreuz laufenden Rundeisen mit einem Durchmesser von 2 –3 cm gestützt.
Die Wattfähre besitzt keinerlei Lenkung, da ihre Fortbewegung geradlinig und an einem Seil entlang erfolgt und somit ein sicheres Fahren gewährleistet.

“...so kann es doch unter Umständen erwünscht oder nöthig sein, sie nach der Seite hin bewegen zu können. Geringe Seitenbewegungen wird man durch Verlegung des Seils nach der Seite hin ausführen können...”

Die Konstruktion ist jedoch so konzipiert, dass die Räder, obwohl sie in horizontaler Richtung unbeweglich sind, ein gewisses Spiel oder eine gewisse Beweglichkeit auf der Achse haben. Dieses “Spiel” kann dann für eine Lenkbewegung entlang eines seitlich verlegten Seils genutzt werden.

Eine weitere Konstruktion besteht darin, an jede Seite der Räder eine Bremsvorrichtung anzubringen. Damit hätte eine geringfügige Richtungsänderung stattfinden können, ähnlich wie es heute noch beim Kettenantrieb von Panzern Standart ist.



Der Antrieb

Für Philipp Schrimpff war das Gewicht der Wattfähre und ihrer einzelnen Komponenten besonders wichtig, um ein Einsinken in den Schlick auszuschließen:

Dass das angesetzte Gewicht der Maschinen-Anlage nicht etwa zu niedrig gegriffen ist, sondern bei zweckentsprechender Construction sich gut einhalten lässt, zeigt unter anderen Beispielen die Maschinenanlage eines neueren in England erbauten Dampfbootes, die bei der Probefahrt 225 indicirte Pferdekräfte leistete und einschl. Condensation nur 10 t Gesamtgewicht hat.

Dabei bezog sich Schrimpff auf einen Artikel in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure von 1895. Dort wurde in der Nr. 30 auf Seite 896 über eine englische Dampfmaschine gesprochen. Damit wird deutlich, dass England nicht nur am Anfang der industriellen Revolution stand, sondern auch am Ende des 19. Jahrhunderts englische Technik von deutschen Ingenieuren zitiert wird.

In dem 3,5 m breiten und 8 m langen Maschinenraum ist, wie in Figur 3 angedeutet, die Maschinenanlage einschliesslich eines für 200 Pferdekräfte genügend großen Röhrenkessels bequem unterzubringen.

Damit sollte ein Geschwindigkeit von 5 km in der Stunde erreicht werden.



Das Seil

Das Seil selbst würde etwa 35 mm Durchmesser bei 4,5 kg Gewicht auf´s laufende m erhalten müssen, wenn es aus Stahldraht gewählt wird. Es ist an der Fähre unter 2 am Untergurt des Fachwerks gelagerten Seilscheiben hindurch über die im Maschinenraum befindliche Antriebsscheibe geführt, die mit ihrer Welle einseitig gelagert ist, so dass hier das Seil jederzeit leicht aufgelegt und wieder abgenommen werden kann. Die unteren Seilscheiben liegen etwa 1,3 m über dem Boden, das Seil wird deshalb beim Anziehen der Fähre auf eine Entfernung hin angehoben, die sich nach der bekannten Formel für die angenäherte Kettenlinie leicht berechnen lässt und bei einem Zuge von 10700 Ko. Nur etwa 60 m, bei einem solchen von 25000 Ko., = 20% des Gesamtgewichts der Fähre, aber nur etwa 120 m beträgt. Die Schifffahrt über das Seil hinweg wird daher auch beim Anheben desselben durch die Fähre nicht im geringsten beeinträchtigt.



Seitenansicht Wattfähre
 
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