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Fontanes Überfahrt
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Theodor Fontane als Sechzigjähriger
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Emilie Fontane
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Der deutsche Schriftsteller hugenottischer Abstammung, Theodor Fontane
(1819-1898 / „Archibald Douglas“, „Herr von Ribbeck“,
„Irrungen, Wirrungen“, „Effi Briest“, „Stechlin“,
„Wanderungen durch die Mark Brandenburg“), verweilte insgesamt
drei mal auf der Insel: 1880, 1882 und 1883. Nach einem Besuch 1880
auf Schloss Lütetsburg in Nordfriesland wollte er eigentlich
Amsterdam besuchen:
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Schloss Lütetsburg
Quelle: Stadtarchiv Norderney
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„Einen Abstecher von dort aus nach Amsterdam hab ich aufgeben
müssen und werde mich Norderney begnügen, das eigentlich
auch überflüssig ist“
Weiter schreibt er an seine Frau und wichtigste Mitarbeiterin, Emilie
Fontane: „Norderney, 24. Juli
80 Nachmittags 5 Uhr
Meine liebe Frau.
Da ich es für möglich halte, dass Du Dich wegen der Bootsfahrt
ängstigst, so schick ich Dir diese Bleistiftzeilen zum Zeichen,
dass ich lebe.
Die Fahrt, bei Gewitter, war sehr schön und dauerte zwei Stunden
(...)"
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Raddampfer Norderney um 1895
Quelle: Stadtarchiv Norderney
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Diese Zeilen machen die Sorge seiner Frau hinsichtlich der Überfahrt
auf der Nordsee deutlich. Ganz unbegründet war diese Sorge nicht.
Zwar gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass jemals Touristen
auf der Überfahrt ums Leben gekommen sind, jedoch hatten nur
zwei Jahre zuvor vier Norderneyer Fischer beim Untergang ihrer Schaluppe
den Seemannstod gefunden.
Bei seinem zweiten Brief an seine Frau steht weniger die Gefahr als
die Unbequemlichkeit der Überfahrt im Mittelpunkt: „Hannover.
Montag d. 26. Juli 80. Karstens Hotel.
Meine liebe Frau.
Mitten in der Nacht (1 ½) bin ich gestern oder richtiger heute
hier angekommen. Die Fahrt über Bremerhaven oder Wilhelmshaven,
die ich gern gemacht hätte, verbot sich, weil gestern (Sonntag)
nur eine Gelegenheit war, von Norderney fortzukommen: die per Dampfschiff
über Emden. Ich war mit Norderney fertig, das mir übrigens
schließlich in seiner großen Strandpromenade sehr gefallen
hat. Ich hatte bis zu dem Momente, wo ich Dir die Bleistiftzeilen
schrieb, nur die Stadt und ihre nächste Umgebung gesehen.
Also wieder in Emden. Die Seefahrt, (also hin nach Norderney hatte
ich den Landweg genommen, der dann blos zuletzt mit einer Überfahrt
über das Watt endigt) dauert 4 Stunden und war sehr schön.
Alles blieb leidlich gesund und nur eine einzige Dame, dicke Maschine,
wurde seekrank. Und zwar in demselben Moment, wo das Schiff sich in
Bewegung setzte. Sie litt unsagbar und war leidlich tapfer dabei.
Wer so organisiert ist, muß zu Hause bleiben, was sie sich auch
vornahm. Aber es ist damit wie mit den Entbindungen. Nächsten
Sommer wird sie doch wohl wieder hingehen.“
Damit beschreibt Fontane einen Aspekt, den Schrimpf 1896 (16 Jahre
später) als Kernpunkt seiner Begründung für die Wattfähre
nimmt und der in der Norderneyer Badezeitung vom 30. Mai 1896 formuliert
wird: „Ein neuer Plan
für die Überlandverbindung nach Norderney.
Ein neues Projekt, eine bequemere Verbindung mit unseren Nordseebädern,
besonders nach Norderney, zu schaffen, wird unseres Erachtens stets
allgemeines Interesse finden. Die Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten,
die ab und zu, namentlich an Tagen mit schlechtem Eisenbahn-Anschluß,
mit einer Reise ins Seebad verbunden sind, haben Unzählige kennen
gelernt, sich vielleicht auch dadurch zurückschrecken lassen,
zum zweiten Male ein deutsches Seebad zu besuchen. Wie wäre es
aber, wenn man zu jeder Zeit, unabhängig von Ebbe und Fluth,
mit einer auf Rädern laufenden Fähre, also ohne die Seekrankheit
fürchen zu müssen, nach Norderney hin und von dort aus zurück
kommen könnte! Das klingt etwas unglaublich. Nun, wir empfehlen
die Schrift des Reg.-Baumeisters Schrimppf: Die Wattfähre.“
Darüber hinaus wurde aufgrund eines folgenschweren
Unfalls 1875 der Postlinienverkehr durch das Watt eingestellt. Das
war genau der Weg, den Schrimpf mit seiner Wattfähre nehmen
wollte und der seit 1746, also 129 Jahre, bestanden hatte.
Quellen:
Michael Fleischer/Fontane auf Norderney/Soltau’sche Buchdruckerei
Norderney, 1995
Philipp Schrimpf/Die Wattfähre/Baedeker'sche Buch- und Kunsthandlung,
1896
Norderneyer Badezeitung, 30.05.1996 |
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